HV der Vereinigung zum Schutz von Wild- und Nutztieren vor Grossraubtieren im Kanton Bern

Seit fünf Jahren aktiv und keine Besserung in Sicht

Die diesjährige Hauptversammlung der Vereinigung zum Schutz von Wild- und Nutztieren vor Grossraubtieren im Kanton Bern fand am 18. April 2023, mit 80 Stimmberechtigten, in der Alten Reithalle in Thun statt. Themen waren unter anderem die zustande gekommene «Initiative zur Regulierung des Wolfbestands.» SVP-Ständerat Werner Salzmann (Mülchi) referierte über das Thema «Welche Zukunft hat die Landwirtschaft?»

Seit fünf Jahren aktiv und keine Besserung in Sicht

Thomas Knutti spricht zu den Vereinsmitgliedern.

Das Jodlerterzett Mülibächli mit Jacqueline Abegglen, Sabrina und Fabian Beugger aus Iseltwald eröffnete mit wunderschönem Liedgut wie «Wenn i e Jutz cha g’höre», «Stiboder» oder «Es Liedli sälb zwöit» die Hauptversammlung. Dann ging es mit ernsten Worten des Präsidenten Thomas Knutti weiter: «Zu Beginn des Jahres 2022 hat sich der Vorstand intensiv mit der Lancierung einer Volksinitiative für einen Kanton Bern mit einem regulierbaren Grossraubtierbestand befasst. Für uns war klar, dass unbedingt gehandelt und der Druck gegenüber dem Bund hochgehalten werden muss. An der Hauptversammlung im April 2022 haben wir uns entschieden, den Antrag zur Lancierung einer Volksinitiative zur Regulierung des Wolfbestands zu stellen. Wir haben es geschafft und das dank euch allen. Wir werden am 27. April die Unterschriften zur Beglaubigung bei der Staatskanzlei Bern deponieren. Damit wollen wir erreichen, dass der Kanton Vorschriften mit weniger Schutz der Grossraubtiere erlässt und sich für die Bestandsregulierung einsetzt. Die Förderung von Grossraubtieren soll damit ausdrücklich verboten werden.» Zu den Grossraubtieren gehören Luchs, Wolf, Bär und der Goldschakal.

Während der ganzen Alpsaison gab es Risse zu beklagen

«Während der Herbstzeit ging das Debakel mit den Grossraubtieren in den Wohngebieten leider ungebremst weiter und wir mussten uns noch einmal stark gegen den Wolf zur Wehr setzen» führte Knutti aus. «Unverständlicherweise wurden plötzlich Strommessungen bei Zäunen gemacht. Wenn diese die geforderten 3000 Volt Stromstärke nicht anzeigten, wurden die fehlbaren Grossraubtiere nicht zum Abschuss freigegeben. Neu hat uns auch der Gänsegeier grosse Probleme verursacht, da er die toten Nutztiere innert Stunden auffrisst. Im Diemtigtal und in Grindelwald mussten aus diesem Grund total über 20 verschwundene Nutztiere hingenommen werden» erklärte der Präsident.

Neu im Vorstand und Jahresrechnung leicht im Plus

Der Vorstand wird per sofort von Beatrice Böhny (Hasliberg) und Kathrin Allenbach (Frutigen) verstärkt. Bei der Jahresrechnung 2022 wurde ein leichtes Plus verbucht. Beim Budget wird mit einem Minus gerechnet, da die Wolfs-Initiative einiges kosten wird.

Die nächste Motion ist am Start

Die Motion «Gesetzliche Grundlage für die Entschädigung von vermissten und verschwundenen Nutztieren im Zusammenhang mit Angriffen von Grossraubtieren» wird eingereicht. «Der Regierungsrat wird beauftragt, eine gesetzliche Grundlage zu erarbeiten, um nachweisbare aber ohne mögliche DNA-Probe vermisste Nutztiere zu vergüten und den von Bund gewährten Spielraum bei Angriffen auf Nutztiere durch Grossraubtiere zu «Kulanz-Entschädigungen» auszunutzen.» Vermehrt wurden letzten Sommer die Kadaver der von Grossraubtieren gerissenen Nutztiere innerhalb weniger Stunden vom Gänsegeier vollständig verzehrt. So werden seit dem vergangenen Sommer auf einer Alp im Diemtigtal über zwanzig Nutztiere und auf einer Alp in Grindelwald über dreissig Nutztiere vermisst. Es besteht die Problematik der Schadensbeurteilung durch die Wildhut.

Zur Info: In der Schweiz treten Gänsegeier vermehrt in den Sommermonaten in den Berggebieten auf. Künftig wird die Problematik vermisster Nutztiere aufgrund von Wolfsangriffen und oder Aasfrass durch Gänsegeier deutlich zunehmen. Das Bundesamt für Umwelt empfiehlt den kantonalen Vollzugsstellen, bei der Beurteilung von Schäden an Nutztieren durch Wolfsangriffe, den Spielraum der Kulanz auszuschöpfen.

Referat von Ständerat Werner Salzmann

Mit seinem Referat «Welche Zukunft hat die Landwirtschaft?», traf der Ständerat den Nerv der Anwesenden. Mit einem Spaziergang durch die Geschichte der Landwirtschaft führte Salzmann direkt zur heutigen Problematik. «Unser Selbstversorgungsgrad liegt Brutto bei 57% (mit Zukauf von ausländischem Futter), Netto bei 47%. Unsere politische Forderung ist die maximale Ernährungssicherheit. Der Bundesrat muss aufzeigen, wie die Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sichergestellt werden kann» forderte Salzmann. «Unsinnige Agrar- und Öko-Projekte sind dafür zu sistieren und in Landwirtschaftsflächen umzuwandeln» so das Anliegen. «Die Schweiz muss auf die eigene inländische Produktion setzen, statt teure Nahrungsmittel aus dem Weltmarkt zu importieren. Russland ist weltweit der grösste Exporteur von Düngemitteln. 2022 wurden 24’000 Tonnen in die Schweiz exportiert, 14’000 Tonnen davon waren Stickstoffdünger. Stellt euch vor, wir bekommen nichts mehr geliefert.» Derzeit kann sich die Schweiz in einer schweren Mangellage während drei bis vier Monaten vollständig aus Pflichtlagern versorgen. Das ist Salzmann zu wenig, er fordert einen Ausbau der Pflichtlager für die Schweiz auf zwölf Monate.

Frauenpower im Verein

Für ihren Einsatz im Vorstand und bei der Mitarbeit wurden Silvia Jäger, Beatrice Böhny, Beatrice Gygax, Kathrin Allenbach und Marlise Aegerter geehrt.