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Der Wendepunkt in der Spital-Geschichte

Seit drei Jahren wurde im Simmental und im Saanenland um den Standort der Spital-Akutversorgung debattiert. Nachdem sich der Berner Regierungsrat mit Besuchen vor Ort ein Bild von der Situation gemacht und signalisiert hat, dass er aus regionalpolitischen Gründen den Standort Zweisimmen für die stationäre Akutversorgung vorziehen würde, hat der Verwaltungsrat der Spital STS AG diese Meinungsäusserung des Eigentümers berücksichtigt und einen formal abschliessenden Entscheid getroffen. Sowohl in Zweisimmen wie in Saanen wird ein Gesundheitszentrum mit einem ambulanten und einem teilstationären Angebot eingerichtet. Das Zentrum in Zweisimmen wird mit einem stationären Bereich für die Grundversorgung ergänzt. In Saanen soll ergänzend ein auf die besonderen Bedürfnisse der Region zugeschnittenes stationäres Angebot in Kooperation mit einem privaten Anbieter entwickelt werden. Soweit die am Montag veröffentlichte Medienmitteilung der Spital STS AG.

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Der Wendepunkt in der Spital-Geschichte

Für einmal steht das Simmental nicht auf der Verliererseite: Peter Brügger, Gemeinderatspräsident Erlenbach, die Grossräte Thomas Knutti, Weissenburg, Hans-Jörg Pfister, Zweisimmen und Gemeinderatspräsidentin Anne Speiser, Zweisimmen freuen sich über den Spitalstandortentscheid des STS-Verwaltungsrates.

Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als dass es mehr als drei Jahre nach dem am 23. November 2007 bekannt gegebenen Entscheid für einen Spitalstandort Saanenmöser zu einem radikalen Umdenken gekommen ist. Der Druck von 12 000 Petitionären, die von 1010 Unterzeichnern eingereichte Saaner Gemeinde-Initiative pro Spitalstandort Zweisimmen, die intensiven Bemühungen der IG Spital, die zahllosen Verhandlungen von Politikern und Behörden aus dem ganzen Simmental und letztendlich die regionalpolitischen Überlegungen der Berner Regierung führten zu diesem späten und nicht ganz freiwilligen Umdenken des STS-Verwaltungsrates.

Akut-Grundversorgung in Zweisimmen

Der Verwaltungsrat der Spital STS AG hat mit seinem Entscheid vom 3. Dezember 2010 eine mehr als drei Jahre dauernde Ungewissheit mit vielen «Hin und Her’s» beendet. Die künftige Akut-Grundversorgung für die Regionen Simmental und Saanen wird in Zukunft weder in Saanenmöser noch in Saanen, sondern in Zweisimmen wahrgenommen. Im bestehenden Spital Zweisimmen wird ein Gesundheitszentrum mit einer stationären Grundversorgung in Medizin, Chirurgie und Gynäkologie und Geburtshilfe eingerichtet. In Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft und den Behörden soll nun bis im Juni 2011 das detaillierte Angebot ausgearbeitet werden. Sicher ist, dass es für den Akutbereich keinen Neubau geben wird. Möglicherweise wird es aber in Zweisimmen im Bereich des Alterswohnens zu Erweiterungsbauten kommen.

Betriebswirtschaftliche Herausforderung

«Es wird eine gestraffte Form des heutigen Zustandes sein und alles richtet sich nach den finanziellen Möglichkeiten. Diese wiederum stehen in einem direkten Zusammenhang zum künftigen Patientenaufkommen,» erklärte STS-Vizepräsident Peter Dolder an der Medienkonferenz in Thun. Damit ist klar, dass das langfristige Bestehen des Angebotes in Zweisimmen vom betriebswirtschaftlichen Erfolg und damit vom Patientenaufkommen aus dem Simmental, dem Diemtigtal und dem Saanenland! abhängt. Dieses wiederum wird von der Qualität der Leistungen abhängen. Damit sind auch in Zukunft alle – Ärzte, Mitarbeitende, Politiker und Behörden und die Bevölkerung – gefordert.

Saanen setzt auf Privatklinik

Unterschiedlich sind die Reaktionen auf den Entscheid ausgefallen. Der Saaner Gemeinderatspräsident Aldo Kropf sprach von einem Entscheid, der jeder sachlichen Grundlage entbehre: «Das ist nur die drittbeste Lösung. Der Regierungsrat hat mit seinem Eingreifen seine Kompetenzen überschritten. Wir gehen davon aus, dass es in Zweisimmen wirtschaftlich «eng» werden wird und setzen darum voll auf die Karte einer orthopädischen Privatklinik im Saanenland».

Nach Aigle statt nach Zweisimmen

Grossrätin Bethli Küng, Saanen, stiess ins gleiche Horn: «Der Kanton Bern ist der einzige Kanton, der sich die schlechteste aller Varianten leisten kann. Drei Studien haben das Gegenteil aufgezeigt. Der Regierungsrat hätte sich nie einmischen dürfen. Ein Neubau auf Saanenmöser, wäre auch wegen den Patienten aus dem Pays- d’Enhaut doppelt wichtig gewesen. Wir Saanenländer werden am vorauszusehenden betriebswirtschaftlichen Misserfolg in Zweisimmen unschuldig sein. Unsere 35 000 bis 40 000 Gäste sind grösstenteils nach der Westschweiz ausgerichtet und die Gsteiger Bevölkerung wird sich nach Aigle ausrichten, denn das Spital im Chablais liegt näher als dasjenige von Zweisimmen.» (Anmerkung der SZ-Redaktion: Distanz Gsteig–Aigle 30,83 km; Distanz Gsteig–Zweisimmen, 26,02 km).

Kompensation für andere Auslagerungen

Die Simmentaler Vertretung zeigte sich insgesamt zufrieden. Angesprochen auf den Zustand der Zusammenarbeit zwischen dem Simmental und dem Saanenland, betonte die Zweisimmer Gemeinderatspräsidentin Anne Speiser, dass diese nicht nur auf die Spitalfrage reduziert werden dürfe und sonst sehr gut sei: «Der Spitalentscheid ist logisch. Der Regierungsrat hat damit auch die Umstände berücksichtigt, dass in der Vergangenheit verschiedene Einrichtungen aus dem Simmental (z. T. auch ins Saanenland) ausgelagert worden sind. Jetzt sollten wir uns zusammenraufen, gemeinsam die gebotenen Chancen nutzen und alles daran setzen, dass das künftige medizinische Angebot in beiden Talschaften optimal ausgelastet wird.

Der Kampf ist nicht zu Ende

Grossrat Hans-Jörg Pfister und Initiant der Spital-IG dankte dem STS-Verwaltungsrat und dem STS-CEO Beat Straubhaar für das Umdenken und sicherte den Spital-Verantwortlichen auch inskünftig seine volle Unterstützung zu: «Nach einer anfänglichen Eiszeit haben die Verhandlungen mit der STS in einem angenehmen Klima stattgefunden. Das Eingreifen des Regierungsrates als faktischer Allein-Aktionär war vonnöten. Es zeigt, dass er seine Verantwortung auch gegenüber schwächeren Regionen wahrzunehmen gewillt ist. Persönlich werde ich weiterkämpfen und mithelfen, dass möglichst viele Leute zur Behandlung nach Zweisimmen kommen werden».

Simmental für einmal nicht auf der Verliererseite

Auch Grossrat Thomas Knutti, Präsident der IG Spital sicherte seine weitere Unterstützung zu: «Der Regierungsrat hat logisch entschieden. Ich habe nie verstanden, dass der Spital-Standort Zweisimmen, ausgestattet mit 20 000m² Landreserve und mit allen Vorteilen als verkehrstechnisch besterschlossener, geografischer Mittelpunkt zwischen dem Saanenland, der Lenk und dem Diemtigtal nicht von Anfang an im Zentrum der Überlegungen gestanden hat. Das Simmental verdient es nicht, immer zu den Verlierern zu gehören».

Die SZ wird für die kommende Ausgabe weitere Reaktionen einholen.

Der Wendepunkt in der Spital-Geschichte
Der Wendepunkt in der Spital-Geschichte

Erstellt am: 09.12.2010

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