Die Spitalstandortinitiative fordert den Erhalt sämtlicher Landspitäler

Nur der Dümmste sägt am Ast auf dem er sitzt!

Wenn man die Gesetzesartikel der Initiative liest, hat man den Eindruck, es handle sich um eine gute Sache. Sobald man sich jedoch vertiefter mit dem Thema auseinander setzt, stellt man schnell mal fest, dass sie nicht ehrlich ist, da sie nämlich die Konsequenzen für den Kanton, die Gemeinden und den Steuerzahler bezüglich der Finanzierung nicht aufzeigt.

Werte Bürgerinnen und Bürger,

seit sechs Jahren haben die IG Spitalversorgung und ich an vorderster Front für den Erhalt eines Spitals in der Region Simmental-Saanenland gekämpft. Verschiedene Vorstösse, die ich im Grossen Rat eingereicht habe, wurden von der Mehrheit des Grossen Rates jeweils abgelehnt und zwar von den Grossräten aller Parteien, auch denjenigen aus dem so genannten «Ländlichen Raum». Die Argumente waren stets die gleichen: Das Spital Thun sei ja für das Simmental und Saanenland so nah und der Heli so schnell, daher sei meine Forderung nicht unterstützungswürdig, da der Kanton Spitäler schliessen müsse, um zu sparen.

Jetzt, wo die Herren Verwaltungsräte vom Spitalnetz Bern frontal mit den Schliessungsabsichten der Landspitäler im Umkreis von Bern konfrontiert werden, merken endlich auch die Politiker, Ärzte und Bevölkerung, was dies bedeutet.

Spitalversorgungsgesetz:

In der März- und Juni-Session 2013 wurde lange und intensiv über das Spitalversorgungsgesetz diskutiert, Kompromisslösungen wurden gesucht und auch gefunden. Der Regierungsrat hat der vorberatenden Kommission und dem Grossen Rat die 50 Kilometer Regelung unterbreitet, das heisst im Umkreis von dieser Distanz muss ein Spitalstandort sein, der die Versorgung (Notfall, Innere Medizin und Chirurgie) sicherstellt. Der Grosse Rat hat dieser Lösung zugestimmt und diese so ins Gesetz aufgenommen.

Unter diese 50 Kilometer fallen einzig Frutigen und Zweisimmen, nur diese beiden Standorte gelten als versorgungsnotwendig und können vom Kanton auf finanzielle Unterstützung hoffen, um die Rechnung zu verbessern.

Die Spitalstandortinitiative, sollte sie zustande kommen und bei einer Abstimmung durch das Volk gut geheissen werden, wäre der Killer für die 50 Kilometer Regelung.

Es hätte zur Folge, dass die Versorgungsnotwendigkeit und die finanzielle Hilfe für das Spital Zweisimmen und Frutigen schachmatt gesetzt würden. Da dann voraussichtlich alle Landspitäler den Anspruch auf finanzielle Unterstützung für die nicht kostendeckenden Leistungen beantragen würden. Um dies zu finanzieren, wären Steuererhöhungen notwendig und andere Sparmassnahmen.

Der Kanton Bern hat die finanzielle Kraft nicht, um sämtliche Spitäler im ländlichen Raum, die ausserhalb die 50-Kilometer-Regelung fallen, zu unterstützen.

Der Kanton finanziert heute 55 Prozent (1,2 Milliarden) an die Spitäler und die Versicherer deren 45 Prozent.

Die Rechnungsabschlüsse der öffentlichen Spitäler sind heute noch im positiven Bereich, die Aussichten werden jedoch durch die Sparmassnahmen und mit der Gleichstellung der Privatspitäler zunehmend schwieriger. Die RSZ (Regionalen Spital Zentren) werden nicht darum herum kommen, ihre Geschäftsstrategie im Bereich Personalkosten wie Zulagen neu zu überdenken und nach unten anzupassen.

Wo bleibt die Verantwortung gegenüber unserer Bevölkerung:

Will man wirklich das Erreichte aufs Spiel setzen?

Sehr lange waren die Behörden im Obersimmental unentschlossen bezüglich einer klaren Haltung für unser Spital. Im vergangenen Jahr hat man sich nun doch noch gefunden, wofür ich dankbar bin.

Das Mitmachen der Gemeinderatspräsidentin von Zweisimmen und des Gemeindepräsidenten von Frutigen an vorderster Front im Initiativkomitee Spitalstandortinitiative, erachte ich als äusserst problematisch, wo doch genau diese beiden Spitalstandorte die 50 Kilometer Sonderregelung beanspruchen können, weil die Regierung und das Parlament unserer Region entgegengekommen sind.

Ist es Wahlpropaganda für die Grossratswahlen 2014?

Es ist nur zu hoffen, dass nicht die Grossratswahlen 2014 die Hauptmotivation für dieses Engagement ist.

Zum Leserbrief von Jean-PierreBeuret

Der Vorwurf, der Kanton habe in der Spital-Politik versagt, ist nur zum Teil richtig. Ich erinnere, im 2006 hat die Bevölkerung des Kantons dem Spitalgesetz zugestimmt. Schon damals habe ich meine diesbezüglichen Bedenken offen kommuniziert. Dass die Kosten im Gesundheitsbereich dermassen explodiert sind, haben auch die Personalverbände mit ihren stetigen Forderungen zu verantworten, ebenso die Bundespolitik mit ihren Auflagen und nicht zuletzt die Bevölkerung selbst, da viele wegen jeder kleinsten Unpässlichkeit den Notfall aufsuchen.

Die öffentlichen Spitäler als KMU anzupreisen, werter Jean-Pierre, ist aus Unternehmersicht sehr fragwürdig, denn mir sind keine KMUs bekannt, die zu 55 Prozent vom Kanton und Steuerzahler unterstützt werden.

Die Gebäude gehören dem Kanton, das heisst, die Spitalbetreiber bezahlen keine Miete und zu guter Letzt sind die öffentlichen Spitäler von der Steuer befreit. Möglich wäre dies nur, wenn die Gesundheitsversorger nach den Grundsätzen und der Strategie von KMU (Selbständigerwerbenden) handeln würden, dass heisst, bei allen Ausgaben wäre vorher zu überlegen, ob die Notwendigkeit und die langfristige Finanzplanung gegeben sind.

Nur so könnte die finanzielle Problematik der Gesundheitsversorger verbessert werden.

Es ist sehr einfach, die Regierung und die Gesundheitsdirektion für das heutige Malaise verantwortlich zu machen. Die Habgier sehr vieler Gesundheitsstrategen und Gehaltsempfänger, die ihre Leistung selten bis gar nicht hinterfragen, hast du wohl bewusst ausgeblendet.

Aus den dargelegten Gründen empfehle ich der Bevölkerung die Initiative nicht zu unterschreiben, da sie zum Bumerang wird.

Eine allfällige Annahme der Initiative, respektive ein Ja durch das Volk, würde kein Spital retten, es sei denn, der Kanton würde per Gesetz dazu verpflichtet, noch vermehrt finanzielle Mittel frei zu setzten. Dies hätte aber dann zur Folge, dass andernorts rigoros gekürzt werden müsste, sprich Spitex, Behindertenorganisationen, Altersversorgung, Bildungsbereich usw. Diese müssten dann die Zeche bezahlen!!!

Wollen wir das?

Bei Unklarheiten und Fragen wenden Sie sich bitte an mich. Grossrat Hans-Jörg Pfister