Öffnungszeiten Rinderbergbahn – deseinenFreud,des anderen Leid

Rinderberg der Sportliche – der Rinderberg ist der ideale Einstiegsort in das grösste Wandergebiet des Simmentals. So steht es geschrieben auf der Webseite von Gstaad Tourismus. Interessierte finden auf besagter Informationsplattform auch den Hinweis, dass Zweisimmen «das Tor zu Gstaad am grössten Ski- und Wandergebiet der Region» sei oder anders ausgedrückt «die Einstiegspforte zu attraktiven Wandergebieten im Saanenland». Nun ja, früher hiess es, Papier sei geduldig, heute weiss man, dass auch die Internetseiten nicht immer den Tatsachen entsprechen.

Wer den Rinderberg in den letzten zwei Wochen bei schönstem Wetter geniessen wollte, musste in der Tat sportlich sein. Mit einer gemütlichen Bergfahrt wurde nämlich nichts – denn die Rinderbergbahn hat just auf Beginn der Herbstferien ihren Betrieb eingestellt. Weshalb? Vermutlich wird diese unverständliche Handlung mit dem altbekannten Argument «Kosten sparen» begründet. Das ist einfacher, als sich mit neuen Betriebskonzepten, zum Beispiel 4- oder 5-Tages-Woche auseinanderzusetzen. Im Sommer 2016 hat GST die Bierdeckel-Destinationsstrategie vorgestellt, welche zusammen mit der BDG erarbeitet wurde. «Ganzjahresdestination heisst das Ziel» wurde verkündet. Beide Institutionen versicherten «Der Sommertourismus muss angekurbelt werden» und «mit flexiblen Betriebszeiten der Bergbahnen sollen Aktivitäten und Erlebnisse hinsichtlich des Sommertourismus zum Genuss gemacht werden». Zugegeben, die Herbstferien im Oktober gehören nicht zum Sommer. Trotzdem muss angesichts der herbstlichen Misere am Rinderberg festgehalten werden, dass in der Einstiegspforte von einer Umsetzung der viel gerühmten Strategie nichts zu spüren ist und gelinde ausgedrückt Optimierungspotential besteht.

Lachende Dritte sind einmal mehr unsere Lenker Nachbarn. Während sich die Tourismusexperten der BDG offensichtlich mit der Umsetzung ihrer Versprechungen schwertun, hat man sich an der Lenk dem Handeln verschrieben. Volle Parkplätze bei den Talstationen Metsch und Betelberg lassen die Kassen in der Region klingeln. Und dem nicht genug – freudig wird mitgeteilt, dass der Betelberg eine weitere Woche geöffnet ist.

Was nützen Strategien, Visionen und Marketing, wenn das Tor nicht offen steht? Wenn eine vorhandene Infrastruktur bewusst auf die beste Wanderzeit hin abgestellt wird? Was soll man unzufriedenen Feriengästen sagen? Antworten sind nicht zu finden. Das Tourismusbüro Zweisimmen ist seit Mitte September samstags und sonntags, wenn doch noch zahlungswillige Feriengäste anreisen, geschlossen. Glücklicherweise verfügen wir über einen Bahnhof mit kompetenten Mitarbeitenden, die bereitwillig den Touristen Auskunft erteilen.

Wissenshungrige, die weiter nach einer einleuchtenden Erklärung für die fragwürdige Sparpolitik suchen, betreiben Recherche im Web. Aber auch das ist eher verwirrend denn hilfreich, besonders, wenn man sich den Artikel 7 des Reglements über die Tourismusförderungsabgabe Zweisimmen zu Gemüte führt: «Gegenstand der TFA ist der Nutzen, den die Abgabepflichtigen aus dem Tourismus ziehen.» Bleibt somit zu hoffen, dass die angedachte Destinationsstrategie möglichst bald umgesetzt wird, bevor die letzten Touristen vergrault werden. Denn sonst müsste man zwingend die TFA-Beiträge in Frage stellen und auch den Hinweis auf der informativen Webseite von Zweisimmen anpassen. Hier steht nämlich, dass eben dieses Dorf ein attraktiver Wirtschafts-, Wohn- und Tourismusraum sei. Dass diese Mitteilung auf einem wunderbaren Sommerfoto der Bergstation Rinderberg platziert ist, mag Zufall sein. Oder aber es ist ein Herbstbild eines sportlichen Fotografen.