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Offener Brief an das Personal im Spital Zweisimmen

Von Ruedi Minnig

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Liebe Kolleginnen und Freunde

Die unsichere Entwicklung im Gesundheitswesen der letzten Jahre beschäftigt Euch täglich, dies auch im Kontext des angesagten Spitalneubaus und der bevorstehenden Abstimmung zur Spitalstandort-Initiative. Ihr habt miterlebt, wie die Versorgungssicherheit für Gebärende durch die Schliessung der Geburtshilfe im letzten Jahr abgenommen hat, wie der Operationsbetrieb zeitweise eingeschränkt wird und wie auch ein zweites wichtiges Standbein (Orthopädie) amputiert wurde. Als Folge dieser Abbaustrategie geben nun auch die Behandlungszahlen Anlass zur Sorge. Das war zu erwarten und bei Kennern der Materie löst das kein Erstaunen aus. Die Verunsicherung betrifft zudem nicht nur Euch, sondern auch die Bevölkerung.

In der unkoordinierten Spitalpolitik unseres Kantons sind hunderte von Millionen an Investitionen geplant, ohne Gesamtkonzept für die flächendeckende Versorgung. Jeder Player (regionale Spitalzentren RSZ, Privatspitäler, Inselgruppe) konzentriert sich darauf, den Markt für sich zu besetzen. Dabei werden die Patientenpopulationen überschneidend eingeplant. Der angestrebte und viel gerühmte Wettbewerb findet aber höchstens im Raum Bern statt und hier profitieren die Privatspitäler von den Fehlentscheiden an den öffentlichen Spitälern. Dieses Überangebot wird teuer zu stehen kommen, indem die Kosten (Krankenkassenprämien und Steuern) für uns alle noch steiler ansteigen. Die Zunahme, allein der Verwaltungskosten nach dem Zusammenschluss vom Inselspital mit dem Spitalnetz Bern (2010 bis 2014), betrug 52 Prozent oder absolut 28,4 Millionen Franken. Davon könnte man locker die Vorhalteleistungen in der Peripherie finanzieren.

Die Gegner der Initiative betonen scheinheilig, wie wichtig ihnen die flächendeckende Versorgungssicherheit sei – dies aus ihrer Komfortzone der Agglomeration, wo praktisch jeder innerhalb von fünf bis 15 Minuten mehrere Spitäler erreicht. Sie argumentieren, dass die Initiative die Strukturen zementieren wolle und die RSZ in ihrer Handlungsfreiheit einschränke. Dies ist Unsinn. Die Weiterentwicklung aller Spitalstandorte ist durchaus möglich – so sie denn überhaupt angestrebt wird. Die Initiative löst nicht auf einen Schlag alle Probleme unserer Spitalpolitik. Hingegen wird mit ihrer Annahme sicher für die nächsten acht Jahre dem ein Riegel geschoben, dass die RSZ nach Belieben die noch verbleibenden peripheren Spitäler schwächen und schliesslich abräumen können. Diese Verpflichtung könnte sogar Motivation sein, auch in der Peripherie wieder Innovation und ein Minimum an Wettbewerb – die beste Qualitätskontrolle – zuzulassen und zu fördern. Dies würde Eurer Verunsicherung entgegenwirken. Eine Annahme würde die Politik im ganzen Kanton zur notwendigen Denkpause im hektischen Wettrüsten zwingen.

Auch das Argument, die Annahme der Initiative könnte in Zweisimmen den Neubau gefährden, ist natürlich Unsinn. Wie soll ein ehrlich geplanter Neubau dadurch geschwächt werden, dass er sogar gesetzlich verankert wird?

Zusätzliche 25 bis 110 Millionen Franken soll die Initiative im Falle einer Annahme kosten. Zahlen aus der ehemaligen GEF, die heute auch dort vom neuen Direktor in Zweifel gezogen werden, die nachweislich auf nicht plausiblen Parametern beruhen und bei deren Berechnung elementare mathematische Fehler unterlaufen sind. Diese dienten aber als Entscheidungsgrundlage für den Grossrat. Auch das passt ins Bild des teuren «Gewurstels» in unserem Kanton.

Das Geburtshaus Maternité Alpine wird im nächsten Jahr den Betrieb aufnehmen. Würde es denn parallel zur wieder zu eröffnenden Geburtshilfe operieren? Nein. Gerade hier ergibt sich eine Gelegenheit zur innovativen Kooperation und Arbeitsteilung mit dem Spital. Im Spitalneubau müssten zum Beispiel keine Räume für Geburtshilfe zusätzlich eingeplant werden, es gäbe weder Verzögerung noch Erweiterung, und für geburtshilfliche Eingriffe stünde nur die Infrastruktur zur Verfügung, die ohnehin eingeplant ist. Ich sehe eine Win-Win-Lösung und aus Gesprächen mit dem Initiativkomitee weiss ich, dass eine solche, nicht ganz textgetreue Lösung nicht nur akzeptiert, sondern begrüsst würde. Gefordert wäre allerdings das beidseitige Interesse an einer zweckdienlichen, pragmatischen Lösung.

Aus all diesen Gründen, vor allem aber um auch im Saanenland und im Simmental eine Versorgungssicherheit für alle zu garantieren, die diesen Namen verdient, empfehle ich Euch, an der Abstimmung vom 27. November teilzunehmen und für die Spitalstandort-Initiative ein «Ja» einzulegen. Die Spitalstandort-Initiative wird in der Abstimmung einen sehr schweren Stand haben. Resignation vor der Übermacht der wohlversorgten Gegner ist aber nicht die Lösung. Wenigstens in unserer Region muss die Solidarität spielen.

Eine überwältigende Mehrheit für die Initiative hier bei uns sagt zuhanden der Spitalverantwortlichen und der Regierung auch etwas aus. Jede Stimme zählt.

Ich wünsche Euch viel Freude, Erfolg und einen guten Start in die kommende Wintersaison.

Erstellt am: 10.11.2016

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