Sich Unterhalten über TALK

Bei Einführungen in grössere Veränderungsprozesse, welche eine grosse Relevanz für die Betroffenen hat, gelten mindestens drei Regeln:

Mängel vom «alten» Konzept müssen klar ersichtlich und definiert sein. Aus dieser Mängeldefinition lassen sich die weiteren Schritte zum «neuen» Konzept ableiten.

Möglichst alle Betroffene so früh wie möglich in den Veränderungsprozess miteinbeziehen, um die Nachhaltigkeit des «neuen» Konzeptes breit abzustützen.

Soviel wie möglich kommunizieren. Dies bedeutet nicht nur reden (überzeugen/argumentieren), sondern vor allem auch zuhören (Wertschätzung dem Gegenüber entgegen bringen).

Am Freitag, 31. März werden die Mitglieder von Lenk Tourismus gebeten über TALK (Destinationsverdichtung von Adelboden, Lenk und Kandersteg) abzustimmen. Herr Regierungsrat Ammann hat an der Informationsveranstaltung vom 1. Februar an der Lenk mehrmals betont, dass die Zeit dränge und wir uns in der Nach-Nachspielzeit befänden. Dies bedeutet, dass wir als Lenk Tourismus eigentlich gar keine andere Wahl haben, als TALK zuzustimmen. Ich habe dennoch einige Fragen:

Welche Mängel vom «alten» Konzept Lenk Simmental Tourismus sind definiert worden und wurden in die Überlegungen von TALK miteinbezogen? Dazu steht im Bericht «Tourismuspolitische Leitlinien für den Kanton Bern 2015 bis 2020 zur Destinationsverdichtung», welcher von der Forschungsstelle Tourismus der Universität Bern im Dezember 2015 verfasst wurde, folgendes: Es ist unklar, ob sich durch die Destinationsverdichtung wirklich Synergien einstellen werden und die Kooperation reibungslos sowie zielgerichtet funktionieren wird. Dazu wird erwähnt, dass die Unsicherheit hoch sei, denn es ist unklar, ob die Anreize des Kantons für die einzelnen Destinationen hoch genug sind, um neben organisatorischen Effekten ein effizientes Destinations-Management und eine optimale Arbeitsteilung innerhalb der Destination zu erreichen. Praktisches Beispiel dafür ist, dass der Regierungsrat ein Nebeneinander der Destinationen Interlaken und Jungfrau zulässt! Oder der bewilligte Alleingang vom Saanenland! Weshalb sollte die Lenk mit Frutigen und Kandersteg zusammenschliessen? Weshalb sollte es hier kein Nebeneinander geben? Gibt es heute natürliche Tourismusströme zwischen der Lenk und Kandersteg? Nein. Also, wo sind hier die ersichtlichen Mängel des «alten» Konzeptes?

Die Verantwortungsträger von TALK betonen immer wieder, wie existenziell dieses Konzept für die gesamte Region sei. Wir leben fast alle direkt oder indirekt vom Tourismus. Ja, das ist so. Aber wenn es ein so relevantes Konzept für die gesamte Bevölkerung ist (und das wird es wirklich, wenn es angenommen wird), wo ist der Einbezug der Bevölkerung geblieben? Und nicht nur die Bevölkerung steht nebenan, auch die Mitarbeitende vom Tourist Center an der Lenk (siehe Bericht in der letzten Ausgabe) werden über ihre Zukunft im Ungewissen gelassen. Im Raum Kandersteg bis Lenk müssen fünf Arbeitsplätze gestrichen werden, um in Frutigen den Neubau eines touristischen Zentrums zu finanzieren. Nachhaltigkeit kommt in einem demokratischen Prozess nie von der Führung an die Basis. Die Nachhaltigkeit wächst stets an der Basis. Aber auch dort nur, wenn das Neue ein Teil der Basis (Bevölkerung, Mitarbeitende an der Front im Tourismus) wird. Und das benötigt Zeit.

Die erste öffentliche Informationsveranstaltung über TALK fand am 1.Februar 2017 statt. Und dies nur, weil Ex-Hotelier Franz Schürch an der Gemeindeversammlung vom 6.Dezember 2016 dies durch einen Antrag erzwungen hatte! Talk ist Englisch und bedeutet in Deutsch nichts anderes als «sich unterhalten». Dieses «Unterhalten» kam viel zu spät und blieb punktuell und oft einseitig. Offene Kommunikation hat viel mit Wertschätzung dem Gegenüber zu tun. Ich hoffe von Herzen fest, dass ab dem 31. März die Schätzung des Simmental-Wertes nicht rapide sinkt. Vielleicht haben diese Zeilen, welche ich noch um einige hätte erweitern können, auch bei Ihnen noch die eine oder andere Frage ausgelöst. Stellt diese Fragen! Lasst uns noch über TALK talken, solange es noch darüber zu talken gibt. Samuel Humm, Lenk