Schlangenexkursion im Berner Oberland

Auge in Auge mit der Aspisviper

Am vergangenen Sonntag, 14. August trafen sich an einem Bahnhof im Simmental rund 15 Naturinteressierte aus der ganzen Schweiz, um sich über heimische Schlangen zu informieren. Ausgerüstet mit halbhohen Wanderschuhen, Kameras aller Marken und Grössen und viel Wissensdurst, ging es dann unter fachkundiger Leitung in ein Gebiet, in dem man für gewöhnlich die meisten Arten häufig antreffen kann. Mit Erfolg: Rund ein Dutzend Aspisvipern, eine Schlingnatter und eine Ringelnatter bekamen die Teilnehmer zu Gesicht. Und viele Hintergrundinformationen noch dazu.

Auge in Auge mit der Aspisviper

Gut zu erkennen: die längs geschlitzte Pupille der giftigen Aspisviper.

Giftige und ungiftige Arten imOberland

«Die grösseren Schlangen in der Region sind die ungiftigen Nattern», gab Exkursionsleiter Severin Erni dann mit auf den Weg. Die harmlose Ringelnatter, die man auch an manchem Gartenteich entdecken kann, wird oftmals deutlich über einen Meter lang und ist gut an den gelben Flecken am Hinterkopf zu erkennen. Nicht ganz so gross wird die ungiftige und etwas unscheinbare Schlingnatter. Nicht im Simmental vertreten, aber durch illegale Aussetzung an den Brienzersee eingeschleppt, existiert noch die ebenfalls harmlose Würfelnatter, die auch über einen Meter lang werden kann.

Unter den Giftschlangen dominiert im Simmental die Aspisviper, die von der Simme bis in die hohen Berglagen verbreitet ist – in manchen Gegenden eher selten, in anderen sehr häufig. Im ganzen Simmental? «Nicht ganz», räumt Erni ein, «es gibt durchaus Gebiete im Tal, in denen überhaupt keine Vipern vorkommen, obwohl Lage und Struktur für die Tiere eigentlich passen würden.» Und damit zeigt er auch auf, dass es auf viele Fragen zu den heimischen Schlangen noch immer keine eindeutigen Antworten gibt.

Schlangensuche – im Verborgenen

Letztlich kommt auch die mit der Aspisviper recht eng verwandte Kreuzotter noch vor, doch dämpfte Erni die Erwartung, Tiere dieser Art zu sehen und machte dabei auch auf ein weiteres Problem im Umgang mit den wilden Reptilien aufmerksam: «Kreuzottern gibt es nur an wenigen Standorten im Tal und in eher kleinen Populationen». Alle heimischen Schlangen stehen unter Schutz – das Einfangen, auch vorübergehend zum «Anschauen» oder Fotografieren, ist grundsätzlich verboten und nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Bewilligung erlaubt.

Um unnötige Störungen der Tiere zu vermeiden und auch unbewilligte Fänge zu vermeiden, werden Fundorte von Schlangen daher nicht oder nur sehr grob veröffentlicht. Je seltener und kleiner die Population einer Art ist, umso zurückhaltender ist auch Erni bei Führungen – und so lotste Erni die Gruppe auch nicht durch ein Kreuzotternrevier. Und aus denselben Gründen werden in diesem Bericht ebenfalls keine genauen Ortsangaben genannt.

Vipern, Vipern und nochmal Vipern

An einem Holzplatz, mitten auf einem Wanderweg, wurden die ersten Aspisvipern des Tages gefunden und zwei davon – selbstverständlich mit der erforderlichen behördlichen Bewilligung – von Erni mit Schutzhandschuhen gefangen: Eine mit einer geradezu lehrbuchartigen Musterung und ein ganz schwarzes «melanotisches» Exemplar, wie es im Simmental häufig vorkommt.

Die beiden Tiere beruhigten sich dann erstaunlich schnell und liessen sich weder von der grossen Schar an zweibeinigen Beobachtern, noch vom Dauerklicken der Kameras wirklich aus der Ruhe bringen. Doch ging es Erni und den Teilnehmern der Exkursion nicht lediglich um Fotos: Die beiden Schlangen, beide noch eher zierliche, aber erwachsene Tiere mit einer Länge von ca. 40–50 Zentimetern, wurden intensiv studiert und ihre Merkmale erläutert. «Kantige» Kopfform, eine senkrecht geschlitzte Pupille, die vielen kleinen Schuppen auf der Kopfoberseite oder die für Aspisvipern typische, leicht nach oben gezogene (sog. «gestülpte») Schnauze, liessen sich in Ruhe und aus der Nähe betrachten.