UNO Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe

Bauernfamilien aus unserer Region erzählen aus ihrem Alltag

Die UNO hat dieses Jahr zum «Internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe» erklärt. Im Rahmen der Alpkultur-Tage stellten sich darum drei Bauernfamilien im Kirchgemeindesaal Lenk aktuellen Fragen und erzählten aus ihrem Alltag.

Bauernfamilien aus unserer Region erzählen aus ihrem Alltag

vlnr: Jonas, Maria, Walter Siegfried von der Lenk; Barbara, Arnold und Schwiegertochter Romy Wiedmer aus dem Diemtigtal; Christian und Susanne Moor aus St. Stephan; die beiden Moderatoren Peter Roth und Walter Schläppi

Die drei anwesenden Familien führen eigene Bauernbetriebe. Alle drei sind typische Mischbetriebe, die neben der Landwirtschaft ihr Einkommen teilweise im Gewerbe, in der Pflege oder im Tourismus verdienen. Die meisten Kleinbauern in unserer Region sind wegen des langen Winters auf einen Nebenerwerb angewiesen.

Drei Familien aus dem Simmen- und Diemtigtal mit ihren Betrieben

Familie Siegfried an der Lenk verdient ihr Einkommen zum grössten Teil nicht mit der Landwirtschaft. Im Sommer arbeitet Vater Walter zu 80 Prozent bei einem Chaletbau-Unternehmen und im Winter ist er zu 100 Prozent Skilehrer an der Lenk. Seine Frau Maria ist zu 60 Prozent als Pflegerin angestellt im Alters- und Pflegeheim Lenk und ist zu 40 Prozent Bäuerin. Zu ihrer gewerblichen Tätigkeit betreibt Familie Siegfried einen kleineren Bauernbetrieb mit 9.5 ha Land (davon je ein Drittel als Umschwung beim Elternhaus im Gutenbrunnen, auf dem Hahnenmoos als Vorsass und in der Oberriedweid für die Sömmerung). Sie besitzen vier Kühe, ein bis zwei Stiere und zwei Ziegen.

Familie Wiedmer aus dem Diemtigtal besitzt einen mittleren Bauernbetrieb mit 15 ha Land, 18 Kühen, einem Stier und ca. 30 Jungtiere in der Aufzucht. Den Winter durch wird der ganze Betrieb in Zwischenflüh geführt; während dem Sommer am «Menigwald», wo Barbara Wiedmer neben dem landwirtschaftlichen Betrieb ein Bergrestaurant führt. Im Frühling und Herbst weilen sie für je drei bis vier Wochen im Vorsass auf der Bodenalm. Sie arbeiten in einer losen Arbeitsgemeinschaft mit Nachbarn zusammen. Beim Heuen teilen sie den Maschinen-Einsatz und helfen sich gegenseitig mit Personal aus. Im langen Winter arbeitet der Familienvater an der Wiriehorn-Bahn, wo sein Sohn technischer Verantwortlicher ist. Die nächste Generation ist bereits im Betrieb und denkt mit. Wie viel von dem regen Betrieb die junge Generation einmal weiterführt, ist noch ungewiss.

Familie Moor aus St. Stephan besitzt einen eher grossen Betrieb und lebt hauptsächlich von der Landwirtschaft. Die grosse Familie arbeitet als Mehr-Generationen-Gemeinschaft und sichert so mittelfristig das Bestehen ihres Betriebes. Bäuerin Susanne ist zu 100 Prozent Hausfrau und bildet mit ihrem Mann Christian zusammen das Fundament im gesunden Betrieb. Die nächste Generation denkt und arbeitet mit und hilft bei wichtigen Entscheiden. Sie bewirtschaften 30 ha Land im Ried, wo sie im Winter mit dem ganzen Betrieb sind. Im Frühling während drei und im Herbst während vier Wochen beziehen sie eine eigene Vorsass auf Augsten-Boden, wo sie auf 4 ha heuen. Für die Sömmerung ist der Betrieb im Dürrenwald in einer Alpkorporation, an der sie mit 35 Kuhrechten beteiligt sind. Sie besitzen 22 Milchkühe und knapp 20 Jungtiere in der Aufzucht. Die Milch wird für die Aufzucht und für rund zwei Tonnen Alpkäse pro Jahr verwendet. Der Käse wird in eigener Regie direkt an die Kunden verkauft.

Was macht den Bauernstand aus?

«Für eine gute Zusammenarbeit braucht es mehr als nur eine Generation. Würden die Kinder nicht mitmachen, hätten wir keine Chance, den Bauernbetrieb weiter zu führen», meinte Bäuerin und Hausfrau Susanne Moor. Schön sei auch, dass alle die Zusammenarbeit ernst nehmen und man für jedes Problem eine Lösung suche und meistens auch finde.

Walter Siegfried schätzt die ländliche Idylle und das Abwenden von der Hetze sehr. Er empfindet die landwirtschaftliche Arbeit als gesunden Ausgleich in der heutigen Welt. Dass sie Selbstversorger und dadurch weitgehend von der Konsumwelt unabhängig sind, schätzt auch seine Frau Maria.

Schwiegertochter Romy als Neuankömmling im Betrieb der Familie Wiedmer überzeugt die schöne Zusammenarbeit und der natürliche Umgang mit den Tieren. Jeder packt an, ohne dass man ihn auffordern muss. Manchmal werde es für alle fast zu viel, dann rede man darüber und die Welt sei wieder in Ordnung. Man frage nicht lange nach Motivation, sondern erhalte, was da sei. «Also Motivation aus der Tradition heraus und aus der Freude an der Arbeit im bäuerlichen Betrieb», stimmte Walter Siegfried zu.

Abhängigkeit vom Nebenerwerb!

Je kleiner der Betrieb, desto wichtiger ist der Nebenerwerb. Bei Familie Siegfried könnte man sich die Familie nicht ohne den Bauernhof vorstellen. «Die Motivation, den bäuerlichen Betrieb zu erhalten, kommt von Innen. Wir lieben alle den Umgang mit den Tieren, sind gerne unser Herr und Meister und wir bewegen uns gerne in der frischen Alpenluft. Die Natur rund herum tut uns gut. Und es war schon immer so», meint der Zimmermann und Kleinbauer Walter Siegfried. Fügt aber hinzu, dass so ein kleiner Betrieb allein die Familie nicht ernähren könnte. Die Familie Wiedmer im Diemtigtal hält sich im Winter mit Arbeit an der Wiriehornbahn über Wasser. Ein Sohn arbeitet als Seilbahn-Mechatroniker und der Vater ist den Winter durch meistens an der Kasse. Am Morgen und Abend besorgt die ganze Familie den Bauernbetrieb. Wenn das Vieh im Frühling auf die Bodenalm ins Vorsass zieht, macht Barbara den Gastronomie-Betrieb auf Mengiwald bereit. Mit den Kühen kommen dann auch die Gäste und der Familienbetrieb ist wieder zusammen. Die eigenen Produkte aus der Landwirtschaft können über das Bergrestaurant verwertet werden und das Restaurant im Bauernhaus bringt den notwendigen Ertrag. Im Herbst bleibt Barbara auf Mengiwald, der Bauernbetrieb geht in die Vorsass auf Bodenalm, bevor sie alle wieder nach Zwischenflüh zurückkehren. Nur wenn alle von der Familie mitmachen, ist so ein komplexer Betrieb realisierbar und kann wirtschaftlich sein. Weder der Gastronomie-Betrieb noch der Landwirtschaftliche Betrieb wären alleine überlebensfähig. Die Familie Moor in St.Stephan hat es etwas leichter, meint man! Vater Christian betreibt im Winter zusätzlich seinen Ski-Service im Längenbrand und die Bäuerin hat ihr Regime auf dem Bauernhof. Das Eltern-Ehepaar Moor führt einen grossen, aber zufriedenen Betrieb mit hauptsächlich seinen Familien-Mitgliedern (Chind u Chindes-Chind).

Fazit

Drei unabhängige Familiengeschichten, die aber eines gemeinsam haben, die intakte Familie, die nicht nur auf eine Generation ausgerichtet ist. Der Zusammenhalt, den «Chitt» in der Familie braucht es, solche Betriebe am Leben zu erhalten. Die gesunde Familie ist der Garant, dass alle motiviert an die Arbeit gehen und sie sorgt für den Fortbestand unserer Alp-Kultur. Nur dank der Symbiose mit den anderen Leistungsträgern in der Region gelingt es, die Bauernbetriebe zu erhalten. Die Zahlungen, die direkt vom Staat an die Bauern gehen, sollen als Lohn verstanden werden, damit wir ein wunderschönes Tal haben, das bis über 2000 Meter über Meer gepflegt wird und für die nächste Generation bereit steht. Die Landwirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger Leistungsträger in unserer Region, kann aber alleine nicht bestehen. Die enge Zusammenarbeit unter den Leistungsträgern kann eine Region wie das Simmental und das Diemtigtal zu einer florierenden Region machen. Walter Zeller