Run to the Hill 2015

«Äktschen» auf dem Jaunpass»

Zum 5. Mal fand am vergangenen Wochenende auf dem Jaunpass das Boltiger Kultfestival «Run to the Hill» statt. Für OK-Präsident Christian Schafroth stand sein Festival dieses Jahr unter einem schlechten Stern – trotz internationalen Konzertgrössen und Besucherrekord am Samstag.

Um es gleich vorweg zu nehmen: In der Nacht auf Samstag verstarb das Chicken-Shit-Bingo Huhn unerwartet und – gemäss den Veranstaltern und zur Beruhigung aller Tierschützer – eines natürlichen Todes. «Als ich das vernommen habe, lief es mir kalt den Rücken runter», sagt Christian Schafroth, «da wusste ich, dass wir dieses Jahr mit Schwierigkeiten rechnen müssen!». Er sollte recht behalten. Angefangen hat das Festival am Freitagabend jedoch bei schönstem Wetter mit dem Sponsoren- und Behördenapéro.

«Es ist Äktschen angesagt!»

Boltigens Gemeindepräsident Fred Stocker, selbst Mitglied im organisierenden «Memphis Kings Club», begrüsst Regierungsstatthalter Michael Teuscher, Boltigens Gemeinderatspräsident Andreas Jutzli und die Sponsoren. 300 Tage im Jahr herrsche Ruhe auf dem Jaunpass, sagt Stocker, und nur alle zwei Jahre sei während des «Run to the Hill»-Festivals Action angesagt. «In diesem Sinne möchte ich das Fest empfehlen!» Er dankt allen für ihr Erscheinen in diesem und, hoffentlich auch, im übernächsten Jahr. Dann ergreift Christian Schafroth das Wort. Er bedankt sich mitunter bei der Musikgesellschaft Boltigen, die bis jetzt bei jeder «Run to the Hill»-Eröffnung mitgewirkt hat. Schafroth wehrt sich in seiner Rede dagegen, das «Run to the Hill» sei eine Egoparty für seinen Club, und dass man sich selber feiere. «Wenn man sieht, wie viele Leute jetzt hier sind und dieses Fest direkt oder indirekt unterstützen, begreift man, dass es ein Fest für alle ist!» Nach dem Hissen der Fahnen und dem Spielen der entsprechenden Nationalhymnen (der Schweizer, der Amerikanischen und der Russischen) erschüttern Salutschüsse aus dem Kanonenrohr das Tal – die 5. Ausgabe des Boltiger Kultfestivals ist eröffnet!

Hochkarätige Bands aus dem In- und Ausland

Am Freitagabend eröffnet die Berner Formation «Honky Tonk Pickers» mit ihrem echten, ursprünglichen Programm aus Country, Cajun, Tex-Mex, Western Swing, Rock’n’Roll und Country Rock. Im Anschluss spielt die italienische Hardrockgruppe «Alto Voltaggio». Die Starkstromrocker haben schon oft im Simmental gespielt. Und wie immer schaffen sie es auch dieses Mal, ihr Publikum mit eigenen und Coversongs zu begeistern. Das nur etwa bis zur Hälfte gefüllte Zelt brodelt, die Stimmung ist grandios. Alto Voltaggio spielen sage und schreibe 2½ Stunden lang auf höchstem Niveau. «Wenn sie Kiss covern, dann tönen sie wie Kiss, wenn sie AC/DC covern, tönen sie wie AC/DC!», sagt ein begeisterter Fan. Für alle, denen Rock’n’Roll nicht hart genug sein kann, beginnt morgen die Mannrieder Chiubi und lässt diesbezüglich keine Wünsche offen.

«Rumble Jim» on stage!

Gemäss Rumble-Jim-Kontrabassist Alex Bezzu kann man die Konzerte, die Rumble Jim in diesem Jahr spielen, an einer Hand abzählen. Dies verleiht der Obersimmentaler Rockabilly-Formation einen Hauch Exklusivität. Sie eröffnen am Samstagabend. Leider patzt während ihrem Auftritt sowohl der Lichttechniker als auch der Soundmischer: Über längere Zeit spielt Bezzu im Dunkeln. Zuerst viel zu laut und dann kaum noch hörbar. Schade. Dennoch heizen sie dem Publikum tüchtig ein. Man merkt, dass es ihnen Spass macht, auf der Bühne zu stehen und diese Freude transportieren sie in ihren eigenen und gecoverten Songs gekonnt auf ihr Publikum.

Schweizer-Premiere

Die finnischen «Steve’n’Seagulls» kommen für ihren ersten Auftritt in der Schweiz ans «Run to the Hill». Und es ist ihr einziges Schweizer-Konzert in diesem Jahr. Das Zelt ist gerammelt voll. Auf ihre eigene Art und Weise covern sie bekannte Songs in ihrem Bluegrass Stil. Die Stimmung gelangt zum Siedepunkt. Sie begeistern alle! Dann, als die Stimmung auf ihrem Höhepunkt ist, das Publikum tobt und man gespannt auf «Her & Kings County» aus den USA wartet, beginnen diese erst mit dem Soundcheck. «Her & Kings County» spielten bis 17 Uhr in Brienz. Ihr Soundcheck war um 17.30 Uhr angesetzt und das haben sie nicht geschafft. Und da Bands, die eingeflogen werden, meistens ohne eigenes Equipment kommen, muss eben alles noch eingestellt werden. Und das dauert seine Zeit», erklärt Christian Schafroth die lange Wartezeit. Der Unmut steigt, weil es der Veranstalter unterlässt, das Publikum zu informieren. Es gibt Pfiffe und über die Hälfte der Zuschauer geht. Keine einfachen Bedingungen für «Her & Kings County». Dennoch gelingt es ihnen, die verbleibenden Zuschauer zu begeistern. Zwischen den einzelnen Bands versüssen die beiden Showgirls Venice und Betty Black die Umbauzeiten.

More Cojones – es hat geklappt

Obschon man den Eindruck hat, tagsüber wären weniger Besucher da, lässt der Parkplatzverantwortliche verlauten, es habe dieses Jahr mehr Autos auf den Besucherparkplätzen. Das Zelt, das dieses Jahr um zehn Meter länger ist, füllt sich am Samstagabend restlos. Damit geht das Konzept der feierwütigen Juanpachen auf und unter ihrem Motto «more cojones» beweisen sie allen, dass es sich gelohnt hat, zwei lange Jahre auf dieses Festival zu warten. Unvernünftig vielleicht ja, gewalttätig mit Sicherheit nicht. Dieses Kultfestival ist absolut friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen. Und viele freuen sich jetzt schon aufs Jahr 2017, wenn der Jaunpass wieder zum «Juan Paso» mutiert und für ein Wochenende seine eigenen Gesetze hat.

Kerem S. Maurer