Schule Boltigen

Ersehntes Juralager wurde endlich Wirklichkeit

Eine fast dreivierteljährige Vorbereitungsphase und die entsprechende Vorfreude auf das Klassenlager der 5./6. Klasse aus Boltigen wurde endlich Realität. Seit anfangs Schuljahr stand fest, dass die Klasse im Juni eine Woche lang im hügeligen und frankophonen Jura verbringen wird. So reisten anfangs letzter Woche rund 21 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehr- und Begleitpersonen nach Les-Rouges-Terres im Jura.

Dass ein solches Lager nicht einfach selbstverständlich ist, war der Klasse bewusst. Deshalb engagierte sie sich während dem Schuljahr sehr intensiv und tüchtig. Im Dezember beteiligten sich die Schülerinnen und Schüler am Weihnachtsmarkt in Boltigen und verkauften dort erfolgreich selbst gebastelte Kunstwerke und Köstlichkeiten. Aber damit nicht genug, jede und jeder einzelne arbeitete in der Freizeit zusätzlich als «Felgenputzer», Rasenmäher, Babysitter oder bei den Arbeiten auf dem elterlichen Hof, um ihren Beitrag an das Juralager beizusteuern und die Eltern beim Lagerbeitrag zu unterstützen.

Schliesslich war es so weit, die lang ersehnte Woche war da. Kurz vor 8 Uhr trafen die ersten Schüler auf dem Parkplatz beim Restaurant Bergmann in Reidenbach mit Sack und Pack ein. Auch das Fahrrad wurde angeschleppt, da das Fortbewegungsmittel während der Woche der Drahtesel sein sollte. Viele Eltern liessen es sich nicht nehmen, ihre Kinder für dieses erste grosse Schullager zu begleiten und die eine oder andere Leckerei der Lagerküche beizusteuern. Kurz vor halb neun waren die Fahrräder im Anhänger des Cars eingebootet, die Koffer ordentlich gestapelt und die Schüler der 5./6. Klasse startklar und angegurtet für die Reise in den jüngsten Schweizer Kanton.

Die Reise führte uns zuerst Richtung Biel und kaum hatten wir die Stadt hinter uns gelassen, ging es hoch in den hügeligen Kettenjura. Der Klassenlehrer Zacharias Borer wies dabei die Schüler immer wieder auf die typischen Juraerscheinungen und die Begriffe Kalkstein, Klus und Doline hin, die sie wahrscheinlich ihr ganzes Leben nie wieder vergessen werden. Weiter ging es durch Schluchten und über verschiedene Hochebenen, bis wir schliesslich in Réclère ankamen, das sich nur wenige Kilometer von der französischen Grenze befindet. Etwas abgelegen im Wald ausserhalb des Dörfchens besichtigten wir die bekannte Grotte mit dem grössten Tropfstein der Schweiz.

Die Schülerinnen und Schüler staunten, als sie die gut 250000 Jahre alten Stalakmiten und Stalaktiten (Tropfsteine) in gut 50 Metern Tiefe zu sehen bekamen. Dabei lernten sie allerhand über die Grotte und sahen das erste Mal Makkaroni-Tropfsteine. Nach der Grottenbesichtigung ging es ins Lagerhaus nach Les Rouges-Terres, wo die Küchenmannschaft mit einer feinen Früchteplatte auf die Kinder wartete. Dann wurde die Zimmereinteilung gelüftet und so konnten sich alle vor dem Abendessen entsprechend einquartieren.

Frisch gestärkt, machten wir unsere erste kleine Velotour an den nahegelegenen Etang des Royes, machten eine erste Bekanntschaft mit der hiesigen Moor- und Torflandschaft und wurden schon mal von einem Teichhuhn begrüsst. Wie üblich in solchen Klassenlagern endete der erste Abend nicht ganz so früh wie vorgesehen, aber irgendwann wurde es dann doch still im Haus.

Velotour zu einem Reithof undzueiner PferdepensionAm zweiten Tag hiess es ausgiebig zu Frühstücken, da die erste grössere Velotour anstand. Ausserdem meldeten sich die Schafskälte und etwas Niederschlag an, sodass sich alle in regentrotzender Vollmontur bereit machten. Unsere erste Reise führte uns zuerst über Saignelégier bis wir schliesslich bei einem Reiterhof in Peu-Péquignot, einem Weiler von Le Noirmont ankamen. Der Reiterhof hat über 40 Pferde und ein gutes Dutzend Fohlen der Rasse Freiberger. Die süssen, jungen Fohlen hatten es den Schülerinnen und Schülern besonders angetan, als sie diese in den Stallungen entdeckten.

Die Klasse wurde in zwei Gruppen aufgeteilt. Kurz nachdem die erste Gruppe auf ihren Pferden sass, machte sie sich auf einen stündigen Ausritt auf und die zweite Gruppe besichtigte unterdessen die Stallungen. Viele der Schülerinnen und Schüler waren noch nie reiten und so kostete es den einen oder anderen auch etwas Überwindung, sich auf die grossen, braunen Freiberger zu setzen. Am Schluss war es aber für alle ein tolles Erlebnis.

Nach dem Mittagessen an einer nahegelegenen Grillstelle verpflegten wir uns schliesslich im Trockenen mit unseren selbst gemachten Sandwiches. Diese Stärkung war nötig, da uns zwischendurch ein frischer Wind um die Ohren blies und die nächste Etappe wieder einiges an Kräften forderte. Wenig später waren wir auf dem Weg nach Les Roselet, um eine Pferdepension zu besuchen. Hierfür mussten ein paar Hügel bezwungen werden – typisch Jura! Die Pension beherbergt knapp 60 Pferde, wovon die ältesten gut 25 Jahre alt sind. Als Highlight dieses Besuches durfte jedes Kind ein altes Hufeisen als Erinnerung mitnehmen.

Ins Naturmuseum und zum Torfsee

Am Mittwoch war niemand traurig, dass die Radtour etwas kleiner ausfallen würde als am Vortag. Unsere erste Etappe führte in ein kleines Naturkundemuseum der Nachbarsgemeinde. Dort erzählte die Museumsführerin, Frau Wenger, wie diese Torfseen hier auf gut 1000 Metern entstanden und welche Tier- und Pflanzenarten in dieser speziellen Umgebung vorkommen. Aufgrund der Ausstellung im obersten Stock erzählte sie uns anschliessend vom Lebensraum des Bären, des Wolfs und des Luchses, welcher übrigens auch in dieser Gegend zu Hause ist. Sichtlich interessiert begab sich die Klasse im Anschluss in die erwähnte Ausstellung, wo sie Spiele zu den drei Tierarten spielten und dabei vieles über deren Lebensgewohnheiten lernten. Auch die permanente Ausstellung hat den Kindern gut gefallen, wo nebst ausgestopften heimischen Tierarten auch lebende Kröten und Fische zu sehen waren. Den Abschluss bildeten die fleischfressenden Pflanzen im Garten des Museums, die die Kinder sichtlich faszinierten.

Nächster Halt war beim Etang de la Gruère, dem grössten Torfsee in der Umgebung. Schnell erkannte man das gelblich-schwarze Wasser, das schon auf den darunterliegenden Torf hinwies. Aber auch Enten oder Fische zeigten sich ab und zu. Etwas geschützt vom Nieselregen gab es schliesslich Mittagessen, bevor die ganze Klasse die zweite Hälfte der Seeumrundungstour in Angriff nahm. Die feuchte Moorlandschaft hinter uns gelassen, radelten wir im Anschluss nach Saignelégier, um uns im dortigen Schwimmbad wieder etwas aufzuwärmen. Es wurden Spiele gespielt, getaucht und Längen geschwommen, was eine wahre Entschädigung nach den Strapazen des Radfahrens war.

Radtour zum Mont SoleilUnsere letzte und gleichzeitig die anstrengendste Radtour führte uns auf den Mont Soleil. Doch, um dort hinzukommen, waren einige Hügel und auch einige Höhenmeter zu überwinden. Bei einer kleinen Schule in Mont-Tramelan machten wir eine Znünipause, bevor der steile Anstieg auf den Mont Crosin angegangen wurde. Dort angekommen, begrüssten uns die ersten Windkraftwerke und wir folgten anschliessend einem Lehrpfad, auf dem wir allerhand über die Spezialitäten der Freiberge und des Kantons Jura kennenlernten.

Schliesslich kamen wir am Mittag auf dem Mont Soleil an und nahmen unser Picknick ein. Gleich im Anschluss besuchten wir die riesige Solaranlage, die früher einmal die grösste in ganz Europa war. Aber nicht nur über Solarenergie erfuhren wir viel, sondern auch über die Windkraftwerke, die teilweise bis zu 100 Meter hoch sind.

Schliesslich durften wir noch in den Turm einer solchen Windkraftanlage, wir kamen uns daneben ziemlich winzig vor. Nach der Führung der Anlagen sattelten wir ein letztes Mal unsere Drahtesel, diesmal ging die Fahrt vor allem abwärts. Die Kinder kamen sogar noch in den Genuss ein bisschen über Felder und Wiesen zu fahren und konnten somit die Federgabel mal noch auf Herz und Nieren prüfen.

Als Entschädigung der Anstrengungen wartete ein leckeres Grill-Abendessen mit vielen feinen Salaten auf uns und im Nu waren die übersäuerten Oberschenkel wieder vergessen. Dann ging der Abschlussabend mit einem Quiz weiter und viele Wissensfragen über die kennengelernten und erlebten Sachen des Juras mussten beantwortet werden.

Der Höhepunkt des Abends sollte aber die Disco darstellen und so tanzen alle ausgelassen zu «Ma chérie» und Andreas Gabalier. Abschliessend wurde das Quiz aufgelöst und alle Sieger wurden geehrt. Müde aber sehr zufrieden wurde es schliesslich gegen 23 Uhr ruhig im Haus.

Heimreise mit ÜberraschungenDer Abreisetag zeichnete sich zuerst durch Putzarbeiten aus und so wurde unser Lagerhaus wieder auf Hochglanz poliert. Als schliesslich der Car da war, verstauten wir sämtliche Velos und Taschen im Anhänger. Die Heimreise sollte aber nicht auf direktem Weg geschehen. Wir machten einen ersten Halt in Les Brenets, wo wir gegen Mittag das Schiff nahmen. Auf dem Doubs, der gleichzeitig die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich bildet, fuhren wir in Richtung des Saut du Doubs, wo uns ein 27 Meter hoher Wasserfall erwartete. Auf dem Weg dahin bewunderten wir noch die eindrücklichen Kalkwände, durch die sich der Doubs während vielen Jahren gefressen hatte.

Schliesslich konnten wir es nicht unterlassen und besuchten kurzerhand noch Frankreich, das über eine kleine Brücke zu erreichen war. Der gewaltige Wasserfall am Saut du Doubs war der ideale Ort fürs Mittagessen und so stärkten wir uns ein letztes Mal für die Heimreise.

Unsere Fahrt mit dem Car führte weiter auf den Vu des Alpes, wo wir die Alpen wegen der hohen Luftfeuchtigkeit leider nicht sahen, dafür aber eine Rodelbahn entdeckten. Dies war also die Überraschung, von der uns Herr Borer und Frau Poschung die ganze Woche hindurch schon erzählt hatten! Die Schülerinnen und Schüler freuten sich über das Rodeln und so fand das Juralager einen spassigen, tollen Abschluss. Eine dreiviertel Stunde später kamen wir wieder in Reidenbach an – vollgepackt mit vielen schönen und tollen Erinnerungen an die interessante Juragegend.

Fazit der Woche: Gut 95 geradelte Velokilometer, fast 700 erklommene Höhenmeter, mindestens 120 verspeiste Sandwiches, eine gebrochene Elle und Speiche sowie ein platter Reifen, wenige erlittene Schürfwunden und 21 zufriedene und glückliche Schülerinnen und Schüler waren die Ausbeute einer tollen Juralagerwoche und für viele Kinder war die Woche sogar noch viel zu kurz!