Hangar Rockin’ Reloaded

Aus einer alten Welt gefallen: Oldtimer trifft Rockabilly

Wer am vergangenen Freitag, 1. Juli nichts ahnend im Simmental unterwegs war, dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben: In steter Folge oder sogar in kleinen Kolonnen rollten und dröhnten Fahrzeuge mit Museumswert das Tal hinauf. Vom edlen Jaguar über den rostigen 50er-Jahre Pick-up bis zum bescheidenen Opel Rekord wummerte und knatterte es auf der Kantonsstrasse. Zwischenhalt: Tankstelle in Zweisimmen. Ziel: Flugplatz St. Stephan. Zweck: Pures Vergnügen. «Hangar Rockin’ Reloaded» stand nach zwei Jahren Pause auf dem Programm – und es gab viel nachzuholen.

Aus einer alten Welt gefallen: Oldtimer trifft Rockabilly

Hangar Rockin’ Reloaded 2022

Ohne Gurt und ohne Kat

Mit Blick auf den dahinschmelzenden Plaine Morte-Gletscher wirkten die Karossen noch anachronistischer, als ihre Formen es schon verrieten: Über den Benzinverbrauch mochte keiner der Besitzer so recht reden. Ganz billig ist so ein Oldtimer sowieso nicht, da kommt es auf den Sprit für die Fahrt nach St. Stephan auch nicht mehr an. Kein Kat, kein Gurt, keine Kopfstützen. Keine Airbags. Dafür jede Menge Spass und wer genug Leistung unter der Haube hatte, der schonte auch die Reifen nicht: «A chli stinke muess es» – diesmal nicht nach Käse, sondern nach heissem Gummi auf dem Asphalt und rauchig verbranntem Benzin.

Höhepunkt der automobilen Seeligkeit – und mit höchstem Unterhaltungswert für die Zuschauer – war natürlich das 1/8 Meilen-Rennen der betagten Maschinen mit ihren tollkühnen Piloten. Stets im Duell Auto gegen Auto: Zwei Spuren, zwei Wagen, zwei Mal Vollgas. Auf die Ermittlung eines Gewinners wurde der Einfachheit halber gleich verzichtet. Dabei sein ist alles, Hauptsache das Gaspedal kann beherzt Richtung Bodenblech gedrückt werden.

Vorwärts in die Vergangenheit

Doch die Veranstaltung nur auf die Autos zu reduzieren, wäre dann doch verfehlt. Die Fahrzeuge symbolisieren oftmals auch ein Lebensgefühl der Besitzer und das wird beim Hangar Rockin’ mit dem passenden Outfit abgerundet: Pomade und umgeschlagene Hosen bei den Herren, noble Blässe mit knallrotem Lippenstift und Steckfrisur bei den Damen. Gleich mehrere Familien waren sogar bis hin zum Kinderwagen passend ausgestattet und wer (noch) nicht passend aussah, konnte auf der Shopping-Meile neben dem Festzelt alles Nötige erhalten: Kleidung, Frisur, Accessoires.

Musikprogramm der Extraklasse

Bei so viel Blech und Chrom bestand natürlich die Gefahr, dass die auftretenden Musiker in Vergessenheit geraten. Doch was die Veranstalter aufboten, war Rockabilly und Rock’n’Roll vom Feinsten: Bereits am Samstagnachmittag im Zirkuszelt sorgte – nicht im Programm angekündigt – Sascha Kommer am Klavier für das passende Musikgefühl aus den 30er bis 50er Jahren. Auf der Hauptbühne im Hangar sorgte unter anderem das Aschaffenburger Trio Trouble in Mind für Stimmung, bevor die tschechische Band Gone Hepsville den Hangar endgültig zum Kochen brachten. Mit einer Spielfreude und Präzision, die ihresgleichen sucht und einem satten, aber ehrlich-zeitgemässen Sound konnten sie das Publikum in jeder Hinsicht überzeugen.: Rockabilly mit einem pausenlos hohen Tempo gespielt und mit der doppelten Saxofon-Besetzung klanglich abwechslungsreich und unterhaltsam, waren sie das Highlight des Abends, unterstützt von Model und Fifties-Instagram-Ikone Rina Bambina.

Für die regionalen Fans der 50er Jahre ergab sich am Schluss des Abends überraschend noch ein «Heimspiel»: Kurzfristig sprangen Rumble Jim zu später Stunde noch für die die eigentlich vorgesehene Band The Old Same Shoes ein.