Destinationsverdichtung Adelboden-Lenk-Kandersteg

Werden die Tourismusvereine weiter bestehen?

Vergangene Woche präsentierte der Verein Berner Oberland Mitte sein Konzept zur Verdichtung der Tourismusdestinationen. Dieses sieht vor, sämtliche Aufgaben, Rechte und Pflichten der Tourismusorganisationen im Simmen-, Kander- sowie Engstligental in der neu zu gründenden TALK AG zu vereinen (wir haben darüber berichtet). Um was geht es bei dieser Destinationsverdichtung eigentlich und welche Rolle bleibt den örtlichen Tourismusvereinen künftig?

Im November 2011 hatte der Grosse Rat des Kantons Bern im Rahmen der Revision des Tourismusentwicklungsgesetzes der Gründung der BE! Tourismus AG zugestimmt. Gleichzeitig wurde die Reduktion der Zahl der Destinationen im Kanton Bern von zehn auf fünf beschlossen, drei davon im Berner Oberland. Dem 2013 gegründeten Verein Berner Oberland Mitte wurde eine Frist von drei Jahren eingeräumt, um die Destinationsbildung zwischen dem Engstligen-, Kander- und Simmental abzuschliessen.

Beitrag vom 1. November 2012, als der Regierungsrat seinen Beschluss fassteKommentar zur Destinationsbildung

Die Interessen der kleineren Tourismusorte wie St. Stephan, Boltigen, Oberwil, Därstetten und Erlenbach sowie der kleineren Mitspieler im Engstligen- und im Kandertal gilt es auch künftig zu wahren. Dem sind sich die drei Hauptakteure bewusst. Die lokalen Tourismusvereine werden als Teilinhaber im geplanten Konstrukt agieren. In den einzelnen Gemeinden braucht es jedoch auch künftig jemanden, der sich um den Tourismus kümmert und für die Gäste sorgt, damit sie sich wohl fühlen, bleiben und wiederkommen. Und genau dafür braucht es auch künftig lokale Tourismus-Organisationen.

Roland Berger, VR-Präsident der Lenk-Simmental Tourismus AG (LST AG) erläutert im nachfolgenden Interview, worum es im Wesentlichen bei dieser Destinationsverdichtung geht:

SZ: Ist die vom Kanton geforderte Zusammenarbeit erwünscht?

Roland Berger: Bereits seit über zwei Jahren arbeiten Kandersteg, Adelboden und Lenk-Simmental im Verein Berner Oberland Mitte zusammen. Die Marktbearbeitung wird zunehmend anspruchsvoller, die Entwicklung verlangt immer mehr Professionalität, Wissen und Ressourcen. Orte, welche zu klein sind, suchen nach neuen Lösungen. Das Bestreben der LST AG ist, dass ein grösstmögliches selbstbestimmtes Handeln sichergestellt werden kann.

Regierung und der Grosse Rat des Kantons Bern haben nach Studium internationaler und nationaler Beispiele die Strukturen für einen professionelleren Tourismus geschaffen. Dabei wurde unter anderem die Reduktion auf fünf Destinationen entschieden. Wir machen nun als letzte unsere Hausaufgaben.

Wer ist die treibende Kraft?

Der Verein Berner Oberland Mitte hat die strategische und operative Verantwortung für dieses Projekt. Mitglieder der Projektgruppe sind die Präsidenten und Geschäftsführer von Adelboden Tourismus, Lenk-Simmental Tourismus und Kandersteg Tourismus.

Warum kein Zusammenschluss mit Gstaad?

Lenk und Adelboden sind bereits heute mit der Skiregion verbunden und verfügen über ein gemeinsames Top-Winterprodukt. Gemeinsam produzieren sie «Wertschöpfung» für beide Täler. Künftig wollen sie auch im Sommer talübergreifend zusammenarbeiten. Die mögliche Destination ist kein abgeschlossener Tourismus-Raum. Vielmehr muss in der heutigen Zeit die Zusammenarbeit in alle Richtungen gesucht werden. Die TALK würde sicherlich eine gute Zusammenarbeit mit Gstaad/GST (Bike, Anlässe und Events), wie auch mit Interlaken/TOI (Schiffe, Niesenbahn,) Jungfrau Tourismus AG (Weltcup Lauberhorn) oder der Stadt Bern (bspw. Tour de France) suchen.

Ist das Diemtigtal zur Teilnahme eingeladen worden?

Es wurden Gespräche mit den Tourismus-Verantwortlichen geführt. Wir haben ihnen eine «Vollmitgliedschaft» in der neuen Destination angeboten. Das Diemtigtal hat sich aber für eine andere Lösung entschieden.

Was bedeutet dieser geplante Zusammenschluss für LST konkret?

Die Lenk-Simmental Tourismus AG wird in die Nachfolgeorganisation TALK AG umgewandelt. Der visionäre Grundgedanke der LST AG (es konnten sechs Tourismusvereine in ein Unternehmen integriert werden) wird nun auf die drei Täler übertragen.

Wieso ist geplant, die übergreifenden Dienstleistungen in Frutigen zu zentralisieren?

Drei der gesteckten Ziele sind: Operative Synergien nutzen, frei werdende Ressourcen in ein gemeinsam abgestimmtes Marketing mit höherer Reichweite investieren und den Verkauf stärken. Daraus ergeben sich Aufgaben und Tätigkeiten, welche das tägliche Zusammenarbeiten voraussetzen (Effizienz). Es war den Verantwortlichen immer klar, dass ein Zusammenlegen die touristische Schlagkraft erhöhen kann. Gleichzeitig musste sichergestellt werden, dass der Erhalt der bestehenden Stärken der einzelnen Orte und Täler sichergestellt wird. Vor diesem Hintergrund einigten sich die Verantwortlichen, Frutigen als zentrales Kompetenzzentrum für die drei Täler festzulegen.

Wie geht es weiter?

In einem ersten Schritt werden diesen Frühling die Zustimmungen der Mitgliederversammlungen der lokalen Tourismusorganisationen beantragt. Sobald seitens der Hauptpartner ein verbindlicher Entscheid vorliegt, wird die Vorbereitung der Umfirmierung der LST AG in die TALK AG in Angriff genommen. Die aktuelle Planung sieht den operativen Start per 1. Januar 2017 vor.

Gibt es auf politischer Ebene Entscheide zu treffen?

Die Gemeinden haben für die Erledigung der touristischen Aufgaben (Kurtaxen- und TFA-Aufgaben) die LST AG mit einem Leistungsauftrag betraut. Wir wünschen uns seitens TALK, dass die Verantwortlichen mit dem gleichen Vertrauen rechnen dürfen. Entsprechend müssen die Destinationsverträge in den Gemeinden angepasst werden. Die Menschen bleiben die gleichen!

Braucht es die Zustimmung aller lokalen Tourismusvereine?

Wir wünschen uns explizit, dass alle bisherigen Tourismuspartner in den drei Tälern dem künftigen Konzept zustimmen. Da die Aktionärsstruktur des künftigen Unternehmens von Kandersteg, Adelboden und der Lenk bestimmt wird, ist deren Mitmachen entscheidend.

Welche Rolle bleibt den Tourismusvereinen im Simmental bei der geplanten Destinationsverdichtung künftig?

Die Aufgaben sind die gleichen, wie die, die sie als Mitglied der LST AG haben. Sie werden als Trägerorganisationen und Aktionäre in die neue Organisation integriert. Die LST AG hat vor Jahren einen Schritt in Richtung «Destinationsverdichtung» gemacht. Gerne übernimmt die neue Organisation das erfolgreiche Konzept.

Wer beantwortet offenen Fragen?

Ich bin überzeugt, dass dieser Bericht zur Meinungsbildung im Tal hilft. Gerne stehen Albert Kruker (Direktor LST) und Roland Berger (VR-Präsident LST AG ) zur Verfügung.

Luzia Wyssen