Ökumenischer Hubertus-Gottesdienst in der reformierten Kirche

Sich der Verantwortung gegenüber der Schöpfung bewusst sein

Am letzten Sonntag, 28. Oktober 2018, fand in der reformierten Kirche ein spezieller, ökumenischer Gottesdienst statt. Dieses Jahr kamen Jägerinnen und Jäger, zum Teil auch mit ihren Hunden, zum traditionellen Hubertus-Gottesdienst oder auch Jäger-Gottesdienst nach Zweisimmen. Die Gürbetaler Parforcehorn-Bläser gaben mit ihren wunderbaren Klängen und das Jägerchörli Niedersimmental mit sehr harmonisch aufeinander abgestimmten Stimmen dem Gottesdienst einen schönen Rahmen.

Seit dem Mittelalter ist es Brauch, dass um den Hubertustag herum, welcher eigentlich am 3. November ist, eine Messe bzw. ein Gottesdienst zu Ehren des Heiligen Hubertus von Lüttich gefeiert wird. Die Kirche wird hierzu mit Zweigen und Ästen aus dem Wald geschmückt und statt der liturgischen Begleitung durch Orgelmusik spielen Jagd- oder Parforcehörner. In diesem speziellen Gottesdienst steht die Natur, als Schöpfung Gottes, im Mittelpunkt. Für Jägerinnen und Jäger ist dieser wie eine Art Erntedank-Gottesdienst, in dem neben dem Dank auch an die Verantwortung gegenüber der Natur, der Zukunft der Natur und den Tieren gedacht wird. Ein Moment, um die eigene Einstellung und Gesinnung zur Jagd zu überdenken.

Nach dem Einzug der Hundeführerinnen und -führer, mit musikalischer Begleitung durch die Gürbetaler Parforcehorn-Bläser, begrüsste Pfarrer Günter Fassbender die Gemeinde. Im Gebet für die Hunde, den treuen Helfern und Gefährten der Menschen, wurde zuerst an diese gedacht. Die musikalischen Beiträge der Gürbetaler Parforcehorn-Bläser, unter der Leitung von Artur Wäfler, wechselten sich mit den gesanglichen des Jägerchörlis Niedersimmental, unter der Leitung von Hansueli Tschiemer, ab und bereicherten den Gottesdienst sehr.

Vor seiner Predigt in der fast voll besetzten Kirche fasste Pfarrer Günter Fassbender den Inhalt des Gottesdienstes in einem Gebet treffend zusammen: «…und weil du uns teilnehmen lässt an der Sorge um die Erde… hilf uns, deine Schöpfung zu erhalten, zu achten, zu bewahren und sie so zu nutzen, dass auch kommende Generationen auf deiner Erde leben können.»

Nicht nur Freude, sondern auch ein Auftrag mit grosser VerantwortungRenate König griff in ihrem Grusswort den bewussten Umgang mit der Jagd und die Verantwortung auf, welche die Jäger gegenüber der Natur haben. Sie wohnt in Zweisimmen und wurde im Januar zur Schweizer Jägerin 2018-20 gewählt. Sozusagen als Jagdbotschafterin vertritt sie mit Stolz die Jägerschaft und es ist ihr ein grosses Anliegen, Nicht-Jagenden die Aufgaben eines Jägers näher zu bringen. Ihre Eltern jagen ebenfalls und so ist sie mit der Jägerei aufgewachsen.

Der Jäger steht oftmals in der Kritik, er würde zerstörerisch seiner Jagdleidenschaft nachgehen. Das dies nicht so ist beziehungsweise nicht so sein sollte, kam deutlich zum Ausdruck. «Jeder Jäger weiss, wie nah Freud und Leid auf der Jagd beieinander sind und wie fest einen gewisse Situationen fordern», so Renate König. «Aber es ist auch ein grosses Privileg, so manche Stunde in Gemeinschaft mit anderen in der Natur verbringen zu können, auch ohne jedes Mal ein Tier zu erlegen.»

Vom Jäger zum HegerMit einem kräftigen «Weidmannsheil» übergab Renate König wieder an Pfarrer Günter Fassbender, der in seiner Predigt näher auf den Ursprung des Hubertus-Gottesdienstes und auf den heiligen Hubertus einging. Hubertus, dem es bis anhin an nichts fehlte, suchte durch einen grossen Verlust Ablenkung in der Jagd. Seine Frau starb bei der Geburt des ersten Kindes, eines Sohnes, und dieser ebenfalls. Eines Tages begegnete er einem prächtigen Hirsch. Wut und Enttäuschung trieben ihn immer mehr an, bis er den Hirsch direkt vor sich hatte. Kurz bevor er ihn in seinem Zorn töten wollte, sah er zwischen den Geweihstangen ein Kreuz und vernahm eine Stimme. Diese Begebenheit war für ihn eine Offenbarung. Hubertus änderte sein Leben vollständig und setzte sich fortan für die Lebewesen, die Schöpfung ein.

Vor dieser Begegnung war Hubertus von dem schlichten Gedanken «Der Stärkere setzt sich durch» eingenommen. «Nach diesem Gesetz funktioniert die gesamte belebte Natur», so Pfarrer Fassbender. «Aber, nach der Begegnung würde ich sagen – fromm wie ich nun mal bin, er führte von da an ein christlich aufgeklärtes Leben.» Und «Der Mensch muss sich einem anderen Gesetz unterwerfen, wenn er wirklich Mensch sein will.»

Achtung vor allen GeschöpfenFür Pfarrer Günter Fassbender ist die Geschichte von Hubertus ein gutes Beispiel dafür, dass der Mensch auch anders kann. Er kann Verantwortung übernehmen für die Schöpfung, für die Umwelt und für die Mitwelt – egal, ob wir jagen oder nicht.

Vor dem abschliessenden Segen durch Pfarrer Günter Fassbender spielten die Parforcebläser eindrucksvoll «Glocken». Mit «Frisch auf» vom Jägerchörli Niedersimmental und dem Nachspiel «Sortie de Messe» von J.-B. Cantin durch die Bläser schloss der Gottesdienst. Das Kirchgemeindehaus füllte sich bei den winterlichen Temperaturen am Sonntag schnell und nach dem feinen Apéro gingen die Gottesdienstbesucher mit einigen gedanklichen Anregungen heimwärts.